Mehr aus der Sumowelt - die Senshuraku Party

sagt der Name nicht schon alles???

Moderator: Fay

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Fay
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Mehr aus der Sumowelt - die Senshuraku Party

Beitrag von Fay »

Heute mal eine weiterer kleiner Bericht aus der Sumowelt – die Senshuraku Party …

Hoffnungslos überschätzt, wenn ihr mich fragt ;-) . In der Regel muss man Eintritt bezahlen, um an diesem „Ereignis“ teilnehmen zu dürfen. Bei Preisen zwischen 10.000 Yen (ca. 70,-€) und 15.000 Yen ist das Vergnügen nicht gerade günstig – aber wenn’s dem Heya nutzt … Ich war inzwischen bei 3 verschiedenen Heya zur Party, Takanohana, Tomozuna und Izutsu. Die Partys finden entweder in einem Hotel statt oder aber auch im Heya selbst, was bei weitem die angenehmere Variante ist.

Zu meiner ersten Party war ich eingeladen – Takanohana Beya. Wo fand sie statt? Natürlich im Imperial Hotel in Tokyo. Gut, dass ich mich im letzten Moment doch noch dazu entschieden hatte, mich ein wenig in Schale zu werfen. Kein Sekitori im Heya, aber das Imperial Hotel. Aber man trägt ja schliesslich einen großen Namen und da scheint man es den Sponsoren auch schuldig zu sein.

Das Publikum … lauter größere Sponsoren, wie mir schien und Mitglieder des Kouenkai (der Gruppierung, die den Heya unterstützt), ca. 150 Personen schätze ich. Netterweise bekam ich einen Platz an einem Tisch zugewiesen, wo es mindestens einen Menschen gab, der auch ein wenig englisch sprach, so war ich dann nicht ganz hilflos ;-).

Der Ausdruck „Party“ für diese Feiern ist ein wenig euphemistisch. Bei Takanohana spielt es sich in der Regel folgendermaßen ab: Takanohana hält eine Rede, die Riskishi mit Kachikoshi bekommen einen Umschlag mit Geld, der Vorsitzende des Kouenkai hält eine Rede, alles stürzt zum Buffet, bei Hintergrundmusik von Mitgliedern des philharmonischen Orchesters wird gegessen, Takanohana kommt an jeden Tisch und spricht 2 Worte mit jedem, Takanohana, seine Frau und Takanonami stehen für Bilder zur Verfügung und stehen dann an der Tür, um sich zu verabschieden …. gähn… Die Rikishi bekommt man nur mit ein wenig Glück zu fassen, die müssen meistens im Hintergrund stehen und dürfen die Lose aus der Trommel ziehen und die Preise überreichen, die von den Sponsoren gestiftet werden – die Verlosung hatte ich doch glatt vergessen … Alles das gepresst in 1 ½ -2 Stunden, ein strenger Ablauf, da wird nichts dem Zufall überlassen. Als Ausländerin hat man den „Vorteil“ dass einen jeder mit Takanohana und sich selbst im Bild festhalten will. Ich bin nicht wirklich ein Fan von Bildern, wo ich Arm in Arm mit einem Rikishi abgebildet bin aber selbst der Versuch meinen Takanohana Lieblingsringer Takakiho oder Takanonami alleine abzulichten, scheiterte und ich wurde gezwungen mich neben sie zu stellen, damit ich mit auf’s Bild komme. Inwischen fotografiere ich jetzt aus dem Hinterhalt ;-). Eigentlich bin ich bei jedem Basho bei Takanohana eingeladen aber ich versuche es meistens zu vermeiden ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen.

Meine nächste Party war bei Tomozuna Beya. Die erste dort fand auch noch im Hotel statt, inwischen ist man dazu übergegangen, die Feier im Heya zu veranstalten. Der Ablauf ist eigentlich derselbe, die Atmospäre aber wesentlich lockerer. Keine Verlosung und keine Philharmonie, dafür ein Comedianpaar, deren Witze ich genauso wenig verstehe, wie die einiger deutscher Comedians. Und beim letzten Basho gab es ein wirklich superleckeres Chankonabe, dauernd wurde Bier nachgeschüttet und ein Wasserglas voll Sake musste ich auch noch trinken …. Hoffnungsvoll wurde ich gefragt, ob ich jetzt betrunken sei … haaaaaaaa, wenn diese Japaner glauben, sie könnten mich unter den Tisch trinken …. der Versuch ging weiter als ein Japaner meine Freundin und mich noch zum Sushiessen einlud.
Die Riskishi bei Tomozuna dürfen sich gegen Ende der Party auch unters Volk mischen und man hat die Chance ein wenig mit ihnen zu reden. Auch das Publikum bei Tomozuna ist vollkommen anders strukturiert. Nur einige wenige größere Sponsoren, der Rest auch Mitglieder des kouenkai, die aber vielmehr den Eindruck von Sumofans vermitteln als es bei der Takanohana Party der Fall ist.

Last but not least Izutsu beya. Für Izutsu Oyakata scheint es mittlerweile eine Selbstverständlichkeit zu sein, daß ich auf seiner Party erscheine, da ja schliesslich Spatzl 1 Spatzl 1 ist ;-). Die Idee, dass man eventuell auch noch andere Rikishi und Heya mögen könnte, will nicht in ein japanisches Oyakatahirn. Allerdings war ich privat mit ihm essen und dachte mir dann, ich könne mir den Luxus erlauben zu einem anderen Heya zu gehen am Ende des Bashos. Außerdem soll man niemanden verwöhnen, meinte meine Freundin ;-). Die Izutsu Senshuraku Partys finden immer im Heya statt, der Ablauf … wie gehabt … Izutsu Oyakata redet, der Kouenkai Vorsitzende redet, Rikishi mit Kachikoshi bekommen einen Umschlag mit Geld aber !!!! auch ein Rikishi mit Make koshi bekommt einen Umschlag, wenn er einen Spezialsponsor hat. Währenddessen wird gegessen, Kakuryu kommt mit dem Bier, Spatzlfreunde dürfen kurz mit ihm reden bis er dann Lose ziehen muss, ein paar Rikishi machen Karaoke, wenn er besonders gut drauf ist, singt auch Izutsu Oyakata, und Kakuryu macht den Abschlusssong. Und tschüss.

Nicht wirklich aufregend also diese Partys, wie ihr seht. Wenn man Glück hat, kann man ein bischen mit einem Riskishi, dem Oyakata oder der Okamisan reden aber da man ja nicht alleine dort ist, sind das auch nur wenige Minuten. Aber neben dem Keiko immerhin eine der wenigen Gelegenheiten überhaupt. Seit 2 Jahren bin ich auch immer bei Sadogatake eingeladen und würde dort auch gerne hingehen aber … Inzwischen habe ich der Okamisan gesagt, ich käme, wenn Shoki Ozeki wird oder wenn er ein Yusho holt, vorzugsweise das Makuuchi Yusho ;-). Wollen wir mal hoffen, dass Kakuryu nicht zur gleichen Zeit erfolgreich ist, sonst stecke ich wieder in Schwierigkeiten :-D.

Randomitsuki
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Re: Mehr aus der Sumowelt - die Senshuraku Party

Beitrag von Randomitsuki »

Danke für die interessanten Berichte!

Als ich in Japan auf einer Tagung eingeladen war, gab es auch eine "Party". Zum Glück haben uns aber die netten Mit-Veranstalter vom Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin schon vorgewarnt - das Muster sei immer dasselbe: mehrere Reden, ein kurzer Ansturm auf ein Büffet, und nach spätestens 120 Minuten ist der Spuk vorüber.
Scheint also gängig zu sein...

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Jakusotsu
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Re: Mehr aus der Sumowelt - die Senshuraku Party

Beitrag von Jakusotsu »

Genau dieser enge Zeitrahmen hat mich bei meiner bisher einzigen Senshuraku-Party (Chiganoura-beya, im Heya) auch verwundert. Dort gab es zwar kein Büffet, sondern zwei Reihen dieser typisch japanischen Tischchen mit 30 cm Bodenabstand zum Hinkauern (Chanko wurde von den Rikishi serviert). Aber gerade als ich anfing, mich wohlzufühlen (= etliche Becher Bier intus), war auch schon wieder Schluss. Ist das nun die besondere Höflichkeit der Gäste dem Gastgeber gegenüber, ihm nicht länger auf die Pelle zu rücken, oder umgekehrt, denen nicht die wertvolle Zeit durch diese ach so bescheidene Feier stehlen zu wollen. So wie ich die Japaner kenne, wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.

Das Schema war jedenfalls ähnlich wie schon von Fay geschildert: Reden, Ehrung der Rikishi, Verlosung, Essen, Gesang. Als kulturelles Highlight war eine Gruppe Geishas eingeladen, welche ein paar Takte auf traditionellen Instrumenten zupften, und sich dann unters Volk mischten. Man munkelte, dass zumindest eine der anmutigen Damen männlichen Geschlechts war, was dem Auftritt offenbar besondere Würze verlieh.

Dem ungarischen Rikishi Masutoo konnten wir mit Händen und Füßen vermitteln, dass wir auch aus Europa kommen, aber ein tieferes Gespräch hat sich nicht entwickelt. Am Ausgang gab es dann nicht nur die eigenen Schuhe zurück (erinnert sich noch jemand an Michel aus Lönneberga?), sondern auch eine Tüte mit Leckerlis (Portionskuchen) vom Oyakata persönlich überreicht. Alles in allem ein angenehmes und interessantes Erlebnis.
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