Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheiten

Japan, Japaner und deren Sprache

Moderator: Watashi

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Watashi
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

Jakusotsu hat geschrieben: Hmm, da stellt sich unweigerlich die Frage, wie Du nach Sonnenuntergang wieder zurück in die Zivilisation gefunden hast. Oder hattest Du ein Zelt dabei? (...oder in der Ecke der Erleuchtung genächtigt?)
Auf die Erleuchtung warte ich immer noch, aber zum Glück ist es ja nicht direkt nach Sonnenuntergang stockdunkel. Es hat noch gereicht, um zur Bushaltestelle zurück zu finden. Und der Busfahrer hat mich auch nicht übersehen dank Straßenbeleuchtung. Gezeltet habe ich nicht mehr seit meinem Abi und wildes Zelten ist in Japan auch nicht üblich und vermutlich illegal.

Watashi
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

12. Die letzte ihrer Art

Hiroshima hat eine und Kochi hat eine. Auch in Kumamoto gehört sie zum Stadtbild. Nur in Tokyo muss man mit der Lupe suchen, um noch eine aufzutreiben.

Wovon die Rede ist? Von Straßenbahnen. Von dem ehemals über 200 km umfassenden Straßenbahnnetz in Tokyo sind heute nur noch wenige Prozent übrig. Es gibt rechtlich gesehen noch zwei Linien: Die Tokyu Setagaya Linie und die Toden Arakawa Linie, wobei erstere eher einer S-Bahn entspricht, da sie nicht wirklich auf der Straße fährt. Damit bleibt nur noch die 12,2 km lange Toden Arakawa Linie als letzte Vertreterin der Straßenbahn in Tokyo.

Die Toden Arakawa Linie fährt zum Teil zwischen den Häusern der Stadt entlang, aber keine Angst, sie geht auch noch wirklich auf die Straße.
12 Straßenbahnschienen.JPG
Eine Endhaltestelle ist Waseda, vor der gleichnamigen Elite-Universität, die andere ist der Bahnhof von Minowabashi im Bezirk Arakawa. Minowabashi ist dabei der offizielle Kilometer 0.0. Von hier kann man für 160 Yen auf Tour gehen.
12 Straßenbahnbahnhof.JPG
Heute ist ein Großteil des öffentlichen Nahverkehrs in Tokyo wahlweise deutlich über (S-Bahnen auf Hochstrecken) oder unter der Erde (U-Bahnen). Die Toden Arakawa Linie bietet dabei für den geneigten Touristen eine gelungene Abwechselung, weil sie nicht nur durch weniger bekannte Stadtteile fährt, sondern auch den direkten Blick auf die Straße gewährt, den man aus den moderneren Transportmitteln nicht mehr hat.
12 Straßenbahn - die letzte ihrer Art.JPG
In Tokyo sind die Straßen schon für Autos an vielen Stellen zu eng, die Toden Arakawa Linie wird daher wohl die letzte ihrer Art bleiben. Wollen wir hoffen, dass zumindest sie auch weiterhin erhalten wird.
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tainosen
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von tainosen »

Das Türchen Nr. 12 stand bestimmt insgeheim auf dem Wunschzettel von Carsten aka Shinkansen ... :lol: .

Bisher habe ich die Bahn nur an meinem Fahrrad vorbeizuckeln sehen bzw. habe die Schienen gekreuzt - nächstes Mal werde ich mal 160 Yen von meiner Suica abbuchen lassen und die Strecke komplett abfahren.
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Shinkansen »

"SSsniefff"

Das ich das noch erleben darf....................
Wer heutzutage nicht verrückt ist, der kann nicht normal sein.

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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

13. Yamadera

Heute fahren wir in eine Präfektur, die ausländische (und vermutlich auch inländische) Touristen äußerst selten zu Gesicht bekommen, nach Yamagata. Die Präfektur ist bekannt für Kirschen und... und... nicht so viel. Dabei muss man nur genau hinsehen und findet durchaus nette Ecken. Für uns ist es denn auch ein alter Hut, waren wir doch letztes Jahr schon in Tendo, um uns Shogi-Steine anzusehen.

Dieses Mal besuchen wir den 立石寺 Risshaku-ji, der im Voksmund und bei der JR aber 山寺 Yamadera genannt wird. Also sollte man nach dem Bahnhof Yamadera suchen, wenn man dorthin möchte.

yama - Berg
dera - Tempel, also Bergtempel.

Leider bedeutet das für den geneigten Besucher erst einmal Treppensteigen, um auf den Berg zum Tempel zu kommen.
13 Aufstieg.JPG
Oben sieht man, warum der Tempel auch Yamadera genannt wird. Die Tempelgebäude sind direkt an den Hang gebaut, es gibt keine Ebene, nur Berg und Tempel.
13 Tempel am Berg.JPG
Der Vorteil von der ganzen Treppensteigerei ist, dass man am Ende von oben einen guten Überblick hat, sowohl über den Tempel als auch über das Tal und die Berge dahinter.
13 Yamadera von oben.JPG
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Beitrag von Watashi »

14. Taga Jinja

Nach einem Abstecher in die Berge des Nordostens fahren wir jetzt an die Westküste Shikokus, nach Uwajima. Die Stadt ist nicht unbedingt das wichtigste Ausflugsziel auf der kleinsten der vier Hauptinseln, hat auf jeden Fall aber für westliche Augen eine der seltsamsten Sehenswürdigkeiten. Wir sehen uns heute den Taga Jinja an.

Auf den ersten Blick sieht der Schrein aus wie jeder andere kleine Schrein. Es gibt außen Wächterstatuten, eine Spendenkiste, ein Schreintau und eben das Schreinhaus.
14 Taga jinja von außen.JPG
Auch im Inneren unterscheidet der Schrein sich nicht unbedingt von anderen. Natürlich steht nicht in jedem Schrein eine Trommel, auch die Schreingaben unterscheiden sich von Fall zu Fall, aber auch deshalb sind wir nicht hier.
14 Taga jinja von innen.JPG
Der Grund unseres Besuches findet sich auf der linken Seite neben dem Tempel. Der Taga jinja ist nämlich ein Fruchtbarkeitsschrein. Und dementsprechend gibt es nicht einen kleinen tragbaren Schrein, der beim Schreinfest durch die Stadt getragen wird, sondern, nunja, seht selbst.
14 ohne Worte.JPG
Neben dem Taga jinja gibt es übrigens auch noch ein Sex-Museum, in dem alles, was mit Sex zu tun hat, ausgestellt wird: Bilder, Spielzeug etc., aus weltweiten Quellen. Das Museum heißt 凸凹神堂 Dekoboko Shindō.
deko - konvex,
boko - konkav; dekoboko heißt dann so etwas wie uneben oder holprig, aber das ist hier nicht gemeint. Am Museum stehen die beiden Kanji übereinander, konvex unten und konkav auf dem Kopf stehend oben, so dass die Spitze in die Lücke zeigt. Den Rest überlasse ich eurer Phantasie. (Shindō heißt übrigens so etwas wie "Tempelhalle".)
Leider wollen die im Museum fast 200 Euro für eine Fotografielizenz, das muss ich also auch eurer Phantasie überlassen.
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

15. Narita

Zur Feier meines gerade gebuchten nächsten Japanurlaubs (Ende Januar bis Anfang Februar) fahren wir heute nach Narita. Nun könnt ihr natürlich einwenden, dass der internationale Flughafen von Tokyo nicht unbedingt selten von (ausländischen) Touristen besucht wird und da habt ihr sicherlich recht. Wir besuchen aber nicht Narita International Airport, sondern die Stadt Narita, ein paar Kilometer entfernt vom Flughafen und hier gibt es erstaunlich wenig ausländische Gäste und die meisten übernachten nur, um am nächsten Tag zum Flughafen zu fahren.

Wir jedoch sind zum Sightseeing hier. Denn in Narita steht der Narita-san Shinsho-ji, einer der Haupttempel des Shingon-Buddhismus. Dieser Tempel befindet sich auf einem großzügigen Grundstück in Zentral-Narita. Es gibt eine ganze Reihe Gebäude, unter anderem eine sehr nette dreistöckige Pagode.
15 Pagode am Naritasan Shinshoji.JPG
Der Narita-san Shinsho-ji ist unter anderem für häusliches Wohlergehen und Verkehrssicherheit zuständig. Im Gegensatz zu vielen anderen Tempeln bedeutet letzteres aber nicht nur, dass man Verkehrssicherheitsglücksbringer und Verkehrssicherheitsaufkleber für das Auto kaufen kann. Nein, hier kann man sein ganzes Auto segnen lassen und was aussieht wie ein großer Parkplatz ist in Wahrheit ein religiöser Ort.
15 Autosegnung hier.JPG
Und wer keine Lust auf japanische Tempel hat, findet in Narita auch noch die letzte Möglichkeit, vor den (zum Teil teuren) Shops des Flughafens einzukaufen. Etwas außerhalb der Stadt liegt die Aeon Mall, in der es vom großen Supermarkt über den japantypischen 100-Yen-Shop bis zum Hard Rock Cafe so ziemlich alles gibt, was man noch brauchen könnte. Und man kann vom Bahnhof Narita ganz bequem mit dem Bus hinfahren, direkt und ohne Zwischenstopp.
15 Narita Aeon Mall.JPG
Die Mall ist übrigens normalerweise heller erleuchtet. Das hier ist der Zustand in diesem Jahr, in dem ganz Japan zum Stromsparen aufgerufen wurde, um auf mögliche Stromengpässe aufgrund des Tsunami und dessen Nachspiel reagieren zu können. Und das ist nun wirklich selten.
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Watashi
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Beitrag von Watashi »

16. Inotani

Heute besuchen wir die tiefste japanische Provinz. Wir fahren in die Präfektur Toyama nach Inotani. Vielleicht hätte niemals ein Ausländer Fuß auf den Bahnhof von Inotani (denn viel mehr ist dort nicht) gesetzt, wenn nicht 2004 die Bahnstrecke zwischen den Bahnhöfen Hida Furukawa und Inotani unterspült worden wäre und bis 2007 auf diesem Teilstück nicht befahrbar war. Deshalb mussten Passagiere bis Hida Furukawa fahren, dort einen Ersatzbus besteigen und bis nach Inotani mit dem Bus fahren. Und so bin ich auf dem Weg nach Kanazawa in Inotani gelandet.

In Inotani ist, vorsichtig gesagt, nicht viel los. Direkt vor dem Bahnhof gibt es eine Straße mit Häusern und Läden, dahinter nicht mehr viel.
16. Inotani - Stadt.jpg
Im Übrigen ist Inotani von Bergen umgeben. Vielen Bergen.
16. Inotani - Berge.jpg
Sehr vielen Bergen, aber das kann auch ganz nett und friedlich sein.
16. Inotani - Berge II.jpg
Wer Interesse an mehr Inotani hat, dem empfehle ich, es mit Google Streetview zu versuchen. In Japan gibt es offenbar weniger Bedenken hinsichtlich Privatsphäre, das Land ist sehr umfangreich fotografiert worden und fast vollständig im Internet abrufbar. Bis hin zu Inotani.
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Meyeryu »

Ah, Inotani - das Moriurara Japans...
Mori-u-rara, ting tang walla walla bing bang,
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

17. Kazurabashi im Iya Tal

Da das mit der Provinz gestern so gut funktioniert hat, setzen wir uns erneut in einen Bus und fahren in eine wenig bewohnte Gegend. Dieses Mal allerdings wieder eine mit etwas zum Ansehen. Wir besuchen das Iya Tal im Inselinneren von Shikoku. Wir bleiben in West Iya (für Ost Iya bräuchten wir ein Auto, das ich nicht habe), aber dazu müssen wir schon mit einem Linienbus fahren, der eine sehr enge Straße hinauffährt. An einer Stelle musste uns ein entgegenkommendes Auto auf der linken Seite passieren, obwohl in Japan eigentlich Linksverkehr herrscht. Rechts wäre es schlicht nicht vorbeigekommen.

Unser Ziel ist die Rankenbrücke, die kazura-bashi, des westlichen Iya-Tals. Für den historischen Ursprung dieser Brücken gibt es unterschiedliche Geschichten. Angeblich wurde schon eine solche Brücke errichtet, um Kobo daishi bei seiner Reise über die Insel zu helfen (im 9. Jahrhundert). Alternativ wurden die ersten Brücken von flüchtigen Taira-Kriegern gebaut, die sich nach ihrer Niederlage im Kampf um die Vorherrschaft in Japan vor den siegreichen Minamoto auf Shikoku versteckten (im 14. Jahrhundert). Wie dem auch sei, früher wurden diese Rankenbrücken auf jeden Fall benutzt, um die zum Teil sehr tiefen Täler im Inselinneren zu überqueren. Es gab mehr als ein Dutzend dieser Brücken. Heute sind sie nur noch Touristenattraktionen (und ja, auf dem Foto kann man Schneefall erkennen).
17. Rankenbrücke im Schnee.jpg
Die Brücke steht aber nicht nur da, um sie anzusehen. Dafür wäre die Anreise dann doch etwas zu beschwerlich. Man kann sie auch überqueren.
17. Zu Beginn der Rankenbrücke.jpg
Und auch wenn dieses Exemplar jetzt nicht so übelst hoch ist, bekommt man doch leicht weiche Knie, wenn man die Brücke betritt. Der Abstand zwischen den einzelnen Fußtritten ist doch relativ groß (mein Fuß hätte jedenfalls bequem durchgepasst) und die Verbindungen sehen ungewohnt aus, sage ich mal.
17. Auf der Rankenbrücke.jpg
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

18. Chiran

Heute fahren wir so weit südlich wie nie zuvor in Japan. Wir besuchen Chiran, das noch einmal etwa 30 km südlich von Kagoshima liegt, wo wir letztes Jahr waren. Chiran ist nicht unbedingt der Nabel der Welt, die Stadt existiert seit 2007 nicht einmal mehr, sie wurde mit ein paar Nachbargemeinden zu Minami-Kyushu (ganz langweiliger Name: Süd-Kyushu) verschmolzen.

Das bedeutet aber nicht, das Chiran zu unbedeutend für wirklich motivierte Touristen ist, denn in Chiran gibt es einen offiziellen Bezirk zur Bewahrung einer Gruppe wichtiger traditioneller Gebäude, 重要伝統的建造物群保存地区. Dieses Wortungetüm soll uns aber nicht abschrecken, sondern anlocken, denn hier gibt es wirklich was zu sehen.

Die wichtigen traditionellen Gebäude in Chiran sind alte Samurairesidenzen mit den dazu gehörigen Gärten. Die sind jetzt nicht so groß wie diejenigen der Provinzfürsten, aber gerade daher auch mal etwas anderes. Außerdem ist das besondere in Chiran, dass die Häuser weitgehend weiterhin bewohnt sind. An vielen sind Schilder "Wir wohnen hier, bitte nicht stören". Es ist also nicht ein Freilichtmuseum, auch keine Ladenstraße im historischen Look, sondern alte Wohnhäuser, die nach wie vor als solche genutzt werden.
18. Chiran Samuraihaus.jpg
Da man also nicht in die Häuser hinein kann, muss man sich auf das Äußere und vor allem auf die Gärten konzentrieren. Das ist aber auch sehr interessant. So hat jeder Garten seinen eigenen Charakter. Einer ist beispielsweise so gestaltet, dass die Hecke die umliegenden Berge widerspiegelt und, wenn man richtig steht, diese Berge auch in den Ausblick mit einbezieht.
18. Chiran Samuraigarten mit Berg.jpg
Ein anderer Garten erinnert eher an einen traditionellen japanischen Steingarten mit unterschiedlichen Ecken, die einen anderen Eindruck erwecken sollen, je nachdem wo man steht.
18. Chiran Samuraigarten.jpg
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

19. Tsukiji Fischmarkt

OK, der Fischmarkt in Tsukiji ist heutzutage alles andere als ein Geheimtipp. Zum Teil sind so viele ausländische Touristen gekommen, dass der Markt immer wieder für Tage oder Wochen für Touristen geschlossen werden musste, um den normalen Ablauf zu gewährleisten. Aber das, was man dort sieht, ist im Ausland ein seltener Anblick, daher qualifiziert sich der Markt für diesen Adventskalender.

Als meine Mutter 2001 da war, waren die noch wirklich freundlich zu ausländischen Touristen. Einer mit Einfluss (vermutet sie, weil alle Wagen stoppten, wenn sie vorbeigingen) hat sie damals am Eingang abgefangen und gefragt: "The big fish or the small?" und hat sie dann persönlich zu den großen Fischen (aka Thunfischauktion) gebracht. Und sie war nicht in Gefahr überfahren zu werden, weil die allgegenwärtigen Wagen sich zurückgehalten haben.

Als ich 2004 da war, hatten sie schon Warnschilder für Touristen aufgestellt, was wir alles dürfen und nicht dürfen; sogar in Englisch.
19. Attention.jpg
Und ich musste die Thunfischauktion allein finden, was gar nicht so einfach ist, weil einfach jede Ecke vollgestopft mit allem ist, was man im Meer an Essbarem finden kann. Wenn es dort nicht ist, wurde es vermutlich noch nicht entdeckt.
19. Fisch über Fisch.jpg
Aber ich habe die Thunfische trotzdem gefunden, zumindest die gefrorenen, die frischen waren damals schon gesperrt. Die Fische sind aber auch gefroren wirklich beeindruckend. Und überall liefen Fischhändler herum, die sich von der Qualität der Fische überzeugten. Mir sagte das eher wenig.
19. Thunfischbegutachtung.jpg
Und dann begann die Auktion. Das ist wirklich beeindruckend, auch wenn man nichts verstanden hat, unabhängig von Japanischkenntnissen. Die Händler benutzen eine eigene Sprache, um Gebote und Zuschläge zu koordinieren. Wie auch immer, am Ende hat jeder Thunfisch einen Käufer gefunden und wurde davon gefahren, um zerteilt und weiterverkauft zu werden.
19. Thunfischauktion.jpg
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

20. Karatsu

Wir besuchen heute noch einmal die südlichste Hauptinsel Kyushu und sehen uns Karatsu an. Dort gibt es eine bedeutende Keramiksorte, eine alte Burg und ein herbstliches Schreinfest. Beim sogenannten Karatsu kunchi, das vom Karatsu jinja ausgeht, werden (nicht so anders als in anderen japanischen Städten) große Festwagen durch die Straßen gefahren, um zu feiern. Die Wagen sind allerdings nicht so üblich, sondern auch für japanische Verhältnisse eher selten. Leider war ich nicht im November zum Fest da, sondern musste mir die Wagen in der Ausstellungshalle ansehen, wo sie den Rest des Jahres verbringen. Aber das soll uns nicht aufhalten...

Es gibt überdimensionale Tiere wie einen knallroten Fisch.
20. Ein Festfisch.jpg
Aber vor allem bekannt ist das Karatsu kunchi für seine Wagen in Samuraihelmform. Diese Helme sind aufwendig gestaltet und sollen die Grimmigkeit des Samuraikriegers widerspiegeln.
20. Ein Festhelm.jpg
Manche Helme haben auch einen Gesichtsschutz, wie man es zum Teil von Samuraihelmen kennt. Dadurch sollten die Samurai noch gefährlicher wirken.
20. Ein Festsamurai.jpg
Jetzt brauchen wir nur noch einen Riesensamurai, der das tragen kann.
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tainosen
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von tainosen »

In der Provinz haben die Japaner erstaunlich viel Platz - ganz anders als im Großraum Tokio.
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Watashi
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Beitrag von Watashi »

21. Iga Ueno

Heute wollen wir uns den Ort Iga Ueno, oder eher den Ortsteil Ueno der Stadt Iga ansehen, da auch hier verschiedene Städte zu einer verschmolzen wurden (solche Stadtfusionen gibt es in Japan relativ viele). Diese ist bekannt für ihre Ninja-Vergangenheit. Aus Ueno, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Tokyoter Stadtteil, stammte nämlich eine der zwei bekanntesten Ninja-Schulen Japans. Heute gibt es weder eine Stadt Ueno noch eine Ninja-Schule, aber ein Ninja-Museum. Leider darf man dieses nur von außen fotografieren.
21. Iga Ueno Ninja Haus.jpg
Deshalb müsst ihr jetzt eure Phantasie ein bisschen einsetzen und euch vorstellen, dass dieses eher unscheinbare Haus komplett mit versteckten Klapp-, Fall- und Drehtüren, geheimen Fluchtwegen und vergifteten Waffen ausgerüstet ist. Außerdem gibt es Führer, die das alles erklären und, wenn sie einen Ausländer in der Menge sichten, eine englische Erklärung auf Plakaten präsentieren. Das ist wirklich interessant, wenn natürlich auch sehr touristisch. Es ist auch nicht unbedingt die erste Anlaufstelle, wenn man in der Region Kansai ist, aber man kann sich auch schlechter unterhalten. Wer mehr wissen oder sehen möchte, sei auf die Homepage (in Englisch) des Museums verwiesen.

Außerdem bekommt man gleich neben dem Ninja-Museum eine sehr schön wieder aufgebaute Burg gleich mitgeliefert.
21. Iga Ueno Burg.jpg
Und damit auch der letzte mitbekommt, was an Iga Ueno so besonders ist, liefert die Bahn gleich den passenden Wagen mit. Ob die Ninja allerdings wirklich in pink unterwegs waren, darf vermutlich bezweifelt werden.
21. Ninja Zug.jpg
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

22. Inuyama

Und ein letztes Mal sehen wir uns die Wagen eines japanischen Festivals an. Dem einen oder anderen mögen sie schon zu den Ohren heraushängen, aber da müsst ihr jetzt durch. Insgesamt könnnte man natürlich einwenden, dass bei all den Festivitäten nicht wirklich von Seltenheiten gesprochen werden kann, aber sie haben alle ihre Besonderheiten.
Heute geht es nur am Rande um die Festwagen und zentral eher um die Figuren, die auf Teilen der Wagen montiert sind. Diese heißen karakuri ningyo, was soviel heißt wie mechanische Puppe bedeutet. Es gab sie schon vor der Öffnung Japans gegenüber dem Westen. Sie waren damit frühe Vorboten der Modernisierung. In Inuyama werden sie seit dem 17. Jahrhundert auf den Festwagen eingesetzt.
22. Inuyama - noch ein Festwagen.jpg
Manche karakuri ningyo können, wenn entsprechend platziert und aufgezogen, automatisch bestimmte Handlungen ausführen. So gibt es Puppen, die Purzelbäume schlagen, an Trapezen turnen, Tee bringen oder eine Treppe hinaufsteigen.
22. Karakuri.jpg
Die alten Puppen in Inuyama hingegen werden direkt vom Menschen bedient. Ich habe mal meinen Bruder dafür angestellt, das an einem Beispiel (in Inuyama ausgestellt) zu demonstrieren.
22. Mechanik für Anfänger.jpg
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

23. Mitake-san

Beim Gedanken an Tokyo haben die meisten Leute endlose Häusermeere und Straßenschluchten vor Augen. Die Präfektur Tokyo kann aber auch anders. Ganz im Westen liegt eine Reihe von Bergen, die bis auf Schreine und Wanderwege weitgehend unberührt sind. Hier kann der genervte Großstädter ausspannen und die Ruhe genießen, vorausgesetzt, es kommen nicht zu viele andere genervte Großstädter auf die gleiche Idee.

Eine möglicher Zielpunkt eines solchen Ausflugs ist der Mitake-san. Der strategische Vorteil dieses Berges ist die Tatsache, dass man ein Stück des Anstiegs mit einer Seilbahn hinter sich bringen kann. Die Talstation ist etwa 1,5 Stunden von der Innenstadt von Tokyo entfernt. Schon hier sind nur vergleichsweise wenige Häuser vorhanden und man kann in die Natur sehen.
23. Natur am Berg.jpg
Auch auf dem Berg kann man Ruhe finden und wandern gehen. Vom Weg aus kann man über die Bergwelt schauen und einen seltenen Blick auf unbebaute Natur bekommen.
23. Mitake-san, Aussicht.jpg
Auf dem Mitake-san gibt es außerdem einen Shinto-Schrein, den Musashi Mitake Jinja. Man kann also nicht nur die Natur genießen, sondern auch noch etwas für sein Glück tun und einen der allgegenwärtigen Glücksbringer kaufen.
23. Mitake-san Schrein.jpg
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Watashi »

24. Gifu Park

Das Verhältnis der Japaner zu Weihnachten ist ungewöhnlich. Natürlich ist Weihnachten als christliches Fest in Japan unbedeutend, aber trotzdem gibt es in vielen Städten Weihnachsdekoration und in vielen Geschäften Weihnachtssales. Der Weihnachtskuchen ist angeblich die häufigste religiöse Sitte in Japan (auch wenn ich das stark bezweifeln möchte).
Interessanterweise wird die Weihnachsdeko aber am 25.12. morgens entfernt, also genau dann, wenn in den meisten Ländern der Welt die Weihnachtsfeierlichkeiten erst beginnen. Als Fest wird wenn überhaupt der Heiligabend begangen und zwar als "Fest der Liebe" im wahrsten Sinne des Wortes. Man geht mit seinem Partner essen und feiert zusammen.

Insofern ist es nicht ganz leicht, ein angemessenes Posting für diesen 24.12. zu finden, aber ich bin fündig geworden. Im Park von Gifu habe ich eine schöne Dekoration gefunden, die ich für heute sehr passend finde.
24. mehr Bäume.jpg
Was an diesen Weihnachtsbäumen so selten ist? Ich habe sie im Sommer fotografiert. Aber man muss die Feste eben feiern, wie sie (auf)fallen.
24. Weihnachtsbäume oder auch nicht.jpg
Und für den, der lieber einen klassisch japanischen Ausklang für diesen Adventskalender wünscht, habe ich dort auch etwas gefunden. Schön besinnlich, in stiller, beleuchteter Atmosphäre.
24. oder lieber japanisch.jpg
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Jakusotsu »

Abermals vielen Dank für einen Kalender, der mal wieder selbst einem Adventophoben wie mir sehr gut gefallen hat. Unbezahlbar.
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Shinkansen
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Shinkansen »

Kann mich Klaus nur anschließen.
Wie jedes Jahr "Großes Kino".

Vielen Dank
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tainosen
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von tainosen »

Toll.
Dieser - mein einzigster - Adventskalender macht vor allem Appetit auf mehr - nicht mehr Advent, dafür mehr Japan.
Wo Elefanten sich bekämpfen, hat das Gras den Schaden.

Mikadofuji
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Mikadofuji »

Wie jedes Jahr ein äußerst interessanter Weihnachtskalender :applaus .

Vielen Dank dafür !!!

Profomisakari
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Re: Unbekanntes Japan - Ein Adventskalender in 23 Seltenheit

Beitrag von Profomisakari »

Wie immer große Klasse!
Danke, Anke!

Profomisakari

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