Vorschlag für Verbesserungen

Wissenswertes zum Thema Ozumo

Moderator: tsunamiko

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Watashi
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Vorschlag für Verbesserungen

Beitrag von Watashi »

Der stellvertretende Minister für Erziehung und Wissenschaft (und Kultur und Sport und Technologie) war gestern beim jungyo in Narita, um sich einen Eindruck vom Sumo im Allgemeinen und dem Training im Besonderen zu machen. Er hat mit dem für die jungyo zuständigen Oshima oyakata etwa 2 Stunden lang unter anderen das butsukari geiko angesehen. Das ist ein Novum in der Geschichte der Beziehung von Ministerium und Sumo.
Er stellte fest, dass die rikishi in den höheren Ligen körperlich deutlich stärker sind als in den unteren und befürchtete, dass diese Entwicklung von den oyakata auch mit übertriebenen Mitteln durchgesetzt würde. Das möchte er verhindern.

Er hat den Vorschlag gemacht, neben der Sumo-Schule für shin-deshi auch eine Sumo-Schule für oyakata einzurichten. Er findet es befremdlich, dass es keinerlei Ausbildung für Neu-oyakata gibt, sondern dass die Voraussetzungen für oyakata ausschließlich aus der Sumokarriere der betreffenden Ex-rikishi abgeleitet werden. Diese Lücke möchte er mit einer Bildungseinrichtung für oyakata schließen, in der moderne Trainingsmethoden oder ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt werden, aber auch allgemein Wissen und Charakter der neuen oyakata ausgebildet werden sollen.
Dieser Vorschlag knöpft an die Vorgaben des Ministeriums an, die unter anderem von der kyokai forderten, Vorkehrungen zu treffen, dass ein solcher Fall wie der Tod von Tokitaizan nicht wieder auftreten kann. Außerdem brachte der stellvertretende Minister zum Ausdruck, dass er gerne mehr externe Mitglieder im neuen "Komitee zur Untersuchung der Führung von rikishi" haben möchte als die jetzt anvisierten 3-4 Mann.


Einen anderen Vorschlag hat vor ein paar Tagen Tomozuna oyakata gemacht. Er will neben der Untersuchung der Fähigkeiten als rikishi auch eine tiefgreifende Untersuchung des Charakters eines oyakata Aspiranten vornehmen. Bisher gibt es zwar auch Vorschriften, dass neben den Ergebnissen der honbasho auch das Verhalten bei jungyo oder das Vorhandensein von Führungsqualitäten bei der Bestätigung einen neuen oyakata Berücksichtigung finden sollen, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wurde die Zulassung eines neuen oyakata aber im telefonischen Umlaufverfahren ohne große Voruntersuchungen beschlossen. Das war bei Tokitsuumi -> Tokitsukaze auch nicht anders.
Tomozuna oyakata hat sich nun überlegt, dass es vor der Zulassung eines neuen oyakata einen richtigen Eignungstest auch in Hinblick des Charakters geben soll. Bisher ist das laut Nikkan Sports (auf Japanisch) aber nur ein privater Vorschlag von Tomozuna oyakata.

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Ganryu
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Beitrag von Ganryu »

Beide Vorschläge halte ich für problematisch.

Eine Schule für Oyakata:
Zunächst mal - eine Schule für Oyakata, die es schon geworden sind? Dann ist es doch zu spät (was Hänschen nicht lernt ...). Oder für solche, die es werden wollen / sollen? Das dürfte "politisch" nicht ohne Brisanz sein. Und dann: Was soll dort vermittelt werden? Die Sumokarriere eines Oyakata-Prätendenten ist in meinen Augen DAS Kriterium für eine Qualifikation im technisch-sportlichen Bereich. Moderne Trainingsmethoden und ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse können im übrigen jedem vermittelt werden und sind doch kein Oyakata-Geheimwissen.

Charakteruntersuchung:
Um darin überhaupt einen Sinn zu erkennen, müßte zunächst einmal das Ziel, also DER ideale Charakter eines Oyakata, definiert werden. Jeder hat doch seine eigene Meinung darüber, wie ein idealer Oyakata sein sollte (fragt Euch doch einmal selbst). Führungsqualität, Eignungstest, Zulassung - aus meiner Sicht ist so etwas nicht zielführend und erinnert mich an die berühmte "deutsche" Gründlichkeit, mit der alles so gründlich durchdacht und geplant wird, daß letztlich wirres Zeugs dabei herauskommt.

Im sportlichen Sinn ist ein "guter" Oyakata sicherlich einer, der seine Rikishi so behandelt, daß sie im Dohyo erfolgreich sind. Das hängt aber auch wesentlich von den Rikishi selbst ab. Ob ein Oyakata darüber hinaus menschliche und soziale Fähigkeiten besitzt und dieselben auch anwenden kann - das steht auf einem ganz anderen Blatt und kann nur in sehr begrenztem Maß in Lehrveranstaltungen vermittelt werden.

Viele Grüße,

Kana-san

Hashopitsuumi
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Beitrag von Hashopitsuumi »

Unabhängig vom Inhalt der Vorschläge, finde ich es richtig, daß zumindest darüber nachgedacht wird, moderne sportwissenschaftliches Erkenntnisse in den Trainingsbetrieb einfließen zu lassen und aufgrund der kürzlichen Geschehnisse etwas mehr das Augenmerk auf Tauglichkeit der Führungspersonen zu legen. Solche Gedanken sind unerläßlich wenn man eine alte bzw. traditionsreiche Sportart wie Sumo erhalten bzw. weiterentwickeln will.
Ich fände es im Gegenteil schlimmer, wenn alles weiterginge wie bisher. Sumo muß auch ins 21. Jahrhundert eintreten.
Vielleicht denke ich aber auch viel zu deutsch. (Fußball ist das Stichwort) :wink:

Futschikato

Beitrag von Futschikato »

@kana-san ich denke mal es geht hier nicht um charakterbildung, sondern um das ganz einfache handwerkszeug, das man in jedem trainerlehrgang leht. zum beispiel gehört das verinnerlichen von trainigsleistung durch zertrümmern von flaschen auf den köpfen der trainierenden nicht dazu :wink:

zur zeit sind das wohl alles nur "teamchefs" und keine trainer

Asashosakari
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Beitrag von Asashosakari »

Futschikato hat geschrieben:zur zeit sind das wohl alles nur "teamchefs" und keine trainer
Diejenigen, die ihr Heya erst kürzlich (also sagen wir <10 Jahre) etabliert haben, dürften sehr wohl "Trainer" sein, ganz einfach weil sie meist keinen anderen haben, der es ihnen abnehmen könnte. Wenn überhaupt, habe ich in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen, dass es einigen der Neugründer am wirtschaftlichen Sachverstand gemangelt hat (und vielleicht auch an der Fähigkeit der Nachwuchs-Anwerbung), aber eher nicht am sportwissenschaftlichen.

Die "Teamchefs" findet man wohl eher unter den altgedienten Shisho, und dann besonders dort, wo sie umfangreiche Assistenz durch andere Oyakata, Heya-Manager etc. in Anspruch nehmen können. Die fast schon klischeehaften Geschichten vom Shisho, der beim Training die ganze Zeit lang Zeitung liest, scheinen jedenfalls fast immer aus einem solchen Umfeld zu kommen.

Insofern halte ich Vorschläge für Oyakatalehrgänge für eher wenig gehaltvoll...diejenigen, die es wahrscheinlich am nötigsten haben, wird man auf Grund ihrer Seniorität kaum dazu verdonnern können, und bei den anderen dürften solche Kurse meist nur sehr eingeschränkt nützlich sein.

Vielleicht sollte man für Shisho einfach eine niedrigere Altersgrenze festlegen. :) 55 oder so, und die restlichen 10 Jahre bis zur Rente können sie dann die administrativen Fäden beim Kyokai ziehen. Was die meisten ja sowieso schon machen; vielleicht ist diese Doppelbelastung ja auch ein Grund dafür, dass die Qualität der Rikishi-Ausbildung in solchen Fällen manchmal zu leiden scheint.

Matitsuomi
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Beitrag von Matitsuomi »

Ich vermute, Futschikato meinte eher, dass im Fußball die "Teamchefs" tendenziell altgediente Sportler ohne Lizenz sind, die zwar wissen, wie sie immer trainiert haben, und den Sport an sich auf Lager haben, aber eben keinerlei Hintergrundwissen und nichts neben dem Training haben, weswegen sie immer einen "gelernten" dabei haben, der eigentlich alles macht außer Aufstellung und Pressekonferenz.

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Ganryu
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Beitrag von Ganryu »

Auch bei Wikipedia findet man mittlerweile brauchbare Informationen über Ozumo. Schlägt man dort unter dem Stichwort Heya nach, fällt einem unerwartet eine preiswürdige sprachliche Perle in den Schoß:

Heya = Sportlerstall (Sumo-Mastpferch) :lol:

Ich frage mal unsere japanischsprachigen Experten, ob sich der japanische Begriff "Heya" tatsächlich mit dieser Bedeutung übersetzen läßt?

Viele Grüße,

Kana-san

PS:
Tadaima-Mastpferch? Ommmmmmmmmmmmm . . .

Watashi
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Beitrag von Watashi »

部屋 heya bedeutet normalerweise "Zimmer, Raum"

he (normalerweise heute nur noch BU) ist "Teil, Gruppe"

ya ist "Dach, Haus",

部屋 heya ist also ein "Teil eines Hauses", ein Zimmer.

Wie genau dann die Übertragung auf das heya im Sumo zustande kam, weiß ich aber nicht. Dazu müsste sich jemand äußern, der sich mit sowas auskennt.

Asashosakari
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Beitrag von Asashosakari »

Matitsuomi hat geschrieben:Ich vermute, Futschikato meinte eher, dass im Fußball die "Teamchefs" tendenziell altgediente Sportler ohne Lizenz sind, die zwar wissen, wie sie immer trainiert haben, und den Sport an sich auf Lager haben, aber eben keinerlei Hintergrundwissen und nichts neben dem Training haben, weswegen sie immer einen "gelernten" dabei haben, der eigentlich alles macht außer Aufstellung und Pressekonferenz.
Ja, wenn man den Begriff so weit auslegt, sind die natürlich alle Teamchefs, aber dafür müsste man erstmal begründen, dass man als "Sumo-Trainer" wirklich eine langwierige Ausbildung benötigen sollte und der derzeitige Stand nicht ausreicht. (Insofern finde ich meine Unterscheidung realitätsnäher, aber tatsächlich vielleicht nicht das, worauf Futschikato hinaus wollte. Na ja. :D )

Jedenfalls wäre es vielleicht interessant zu wissen, wie das im Amateurbereich abläuft...da sind ja auch so einige ex-Rikishi als Trainer aktiv (ex-Dewataira z.B. an der Nichidai-Uni). Keine Ahnung, ob die dafür weiter gehende Qualifikationen brauchen als im Pro-Sumo.

Futschikato

Beitrag von Futschikato »

Nun ich denke zumindest im bereich soziales zusammenleben und auch in sachen sportrecht, kann denen eine solide grundausbildung zumindest nicht schaden. sonst kommt da noch jemand auf die idee und sagt : ich bin damals von meinem oyakata auch schon mit flasche gegen kopf trainiert worden und darum trainiere ich das heute auch so. nur weil jemand mal gut ringen kann, ist er ja noch immer nicht der hellste in der birne (vor allem weil man da ja auch öffter mal was gegenbekommt 8) )

soll ja später keiner sagen, der hat seine trainerlizenz (kabu) wohl bei aldi gekauft (analog zum führerschein den ja auch manche im lotto gewonnen haben)

und von "langwieriger" ausbildung hat ja keiner was gesagt ...eben nen kleiner lehrgang.
:D

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